Regensburg – Um arbeiten zu können, reicht bei Sebastian Müller nicht aus, schnell einen Schreibtisch und einen Computer in ein Büro zu stellen. Der 30-Jährige ist von Geburt an seh-, sprach- sowie körperbehindert und nutzt einen Rollstuhl. „Einen Arbeitsplatz entsprechend meinen Fähigkeiten zu finden, war nicht leicht“, sagt der studierte Sozialpädagoge. Obwohl er seine Aufgaben in einem barrierefreien Umfeld durch Assistenten und Hilfsmittel gut erledigen könne, stieß er auf Vorbehalte. „Viele Arbeitgeber scheuen den Aufwand, eine Stelle mit einem behinderten Menschen zu besetzen.“ In Manina Sobe, der Leiterin des Integrationsfachdienstes (ifd) Oberpfalz, fand Müller Unterstützung. Rund um die Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und die Förderungen hielt sie die Fäden zusammen. Heute leitet Müller erfolgreich für die Katholische Jugendfürsorge (KJF) Regensburg e.V. das „Büro für leichte Sprache“.
Aufgrund der Mehrfachbehinderung wurden für Sebastian Müller viele unterstützende Maßnahmen ermöglicht: Sie reichten vom Einbau eines Aufzugs in dem Gebäude in der Regensburger Altstadt über den Umbau der dortigen Sanitäranlagen bis hin zur Organisation seiner Hilfsmittel wie beispielsweise ein Bildschirmlesegerät. Sobe unterstützte den neuen Arbeitgeber dabei, an richtiger Stelle, Förderungen zu beantragen. „Zudem war meine Aufgabe, zwischen dem alten und neuen Arbeitgeber zu vermitteln“, erklärt sie. Technische Hilfsmittel sollten von seinem alten Arbeitgeber abgelöst werden und ein für Müller im Rahmen eines Sonderprogramm des Bayerischen Sozialministeriums und des Zentrum Bayern Familie und Soziales (Integrationsamt) angeschafftes Auto von der KJF übernommen werden. „Wichtig ist, dass alle an einem Strang ziehen“, betont Sobe. „Dann steht einem erfolgreichen Arbeitsverhältnis nichts im Wege.“
Eine Einschätzung, die auch der neue Arbeitgeber von Müller teilt. „Viele mittelständische Unternehmen haben nicht die Möglichkeit, sich selbst die Fachkompetenz rund um Förderungen aufzubauen“, sagt Peter Wichelmann, Personalleiter der KJF. Fragen seien: Welche Förderungen gibt es? Wo müssen sie beantragt werden? Was ist bei der Beantragung zu beachten? Unter welchen Voraussetzungen können bereits geförderte Hilfsmittel an andere weiter gegeben werden? „Der ifd war hier für uns zur Stelle“, erklärt Wichelmann. „Als Arbeitgeber wären wir allein überfordert gewesen. Der ifd behielt alles im Blick und ermöglichte so die Stellenbesetzung.“ Die fachliche Eignung von Müller sei für die KJF außer Frage gestanden: „Der Bewerber erfüllte alle Kriterien, um die Stelle optimal zu besetzen“, sagt der Personalleiter. „Die Beschäftigung eines behinderten Menschen ist eine große Bereicherung für das betriebliche Miteinander.“
Den größten finanziellen Anteil an den benötigten Hilfsmitteln trug die Agentur für Arbeit in Bayreuth, der Müller zugeordnet war. „Behinderte Menschen brauchen einen Arbeitsplatz, an dem ihre Fähigkeiten geschätzt werden“, betont der Rehabilitationsberater Wilhelm Görgen. Gemeinsam mit einem technischen Berater war der Arbeitsvermittler in Regensburg vor Ort, um sich ein Bild zu machen. „Bei diesem Arbeitsverhältnis hatten wir das Gefühl, dass sich die beträchtliche Investitionssumme lohnt.“ Da der ifd alles koordinierte, hatten alle nur einen Ansprechpartner, was den Ablauf erleichterte. „Der ifd ist schon allein aus Zeitgründen näher an den Beteiligten,“ sagt Görgen. Von Anfang an holte der ifd auch das Integrationsamt mit ins Boot, um das Arbeitsverhältnis langfristig zu sichern.
Da für den Büroleiter, Sebastian Müller, eine Sekretärin gesucht wurde, konnte Manina Sobe den Arbeitgeber noch für eine weitere Klientin begeistern: Mit der gelernten Kauffrau für Bürokommunikation, Daniela Mederer, hatte die ifd-Beraterin eine Arbeitssuchende, die langjährige Berufserfahrung und Fachkenntnisse mitbrachte. „Nach einer Erkrankung konnte ich nur noch eingeschränkt hören“, erzählt die 52-Jährige, die auf Hörgeräte angewiesen ist. Die Beeinträchtigung sei immer schlimmer geworden, so dass sie letztendlich nicht mehr als Schulsekretärin arbeiten konnte. „Der Publikumsverkehr war zu viel“, erklärt sie.
Dank des Bund-Länder-Programms „Initiative Inklusion“ in Bayern konnte Manina Sobe dem Arbeitgeber eine Prämie für die Schaffung des Arbeitsplatzes durch das Integrationsamt sowie einen Eingliederungszuschuss der Agentur für Arbeit als zeitlich begrenzten Zuschuss zu den Lohnkosten anbieten. „Das rechnet sich für einen Arbeitgeber“, sagt Sobe. „Voraussetzung ist, dass eine Stelle neu geschaffen wird.“ Zudem musste die Bewerberin über 50 Jahre alt und schwerbehindert sowie arbeitslos bzw. arbeitssuchend sein. Ihren Arbeitsplatz im „Büro für leichte Sprache“ bezeichnet Mederer als „Glücksfall“. Sie profitiere nun bei der Arbeit von der ruhigen Atmosphäre im Büro. Für Sobe vom ifd war die Vermittlung beider Klienten ein großer Erfolg. „Hier hat das Zusammenspiel aller optimal funktioniert“, sagt sie.
Von Martina Groh-Schad IFD-Oberpfalz